







wir setzen aus chemischen verbindungen leben zusammen. wir konstruieren zellen und chromosomen. so schaffen wir lebensformen, die zuvor nicht existiert haben. das ganze basiert auf langjähriger erfahrung mit digitalisierter biologie: erst haben wir das genom sequenziert und die daten von der analogen in die digitale welt des computers übersetzt. dann sind wir von der digitalen welt wieder in die analoge welt der biologie zurückkehrt. zellen sind doppelmembrane, diese stellen wir aus molekülen künstlich her. dann konstruieren wir künstliche chromosomen, indem wir die moleküle synthetisieren und daraus stück für stück dna zusammensetzen. wir verbinden diese zellen mit den genen und entwickeln so ganz neue organismen aus chemischen grundsubstanzen. (…)
in den letzten jahren haben unzählige utopische projekte und experimente begonnen. es herrscht eine ungeheure aufbruchstimmung, die sich mit der hoffnung verbindet, eine bessere welt zu errichten. der schroffe gegensatz zwischen der postevolutionären welt und der bisherigen evolutionären welt rührt daher, dass es heute organismen gibt, die es damals nicht gab. in unserem leben sind wesen aufgetaucht, von denen sich gestern nicht trämen liess. es gibt biologische möglichkeiten mit tausendfachen auswirkungen. (…)
die leitziele orientieren sich an den systemzusammenhängen der natur. konkrete zielwerte werden aus objektiven naturwissenschaftlichen und ästhetischen erkenntnissen abgeleitet. die aufgabe von wissenschaftlern und ingenieuren ist der einsatz der naturgesetze zur umwandlung der biologischen arten und chemischen elemente. wir beginnen ein freies spiel lebendiger und nicht lebendiger materie in raum und zeit und stoßen in neue dimensionen vor. die neue natur entfaltet sich mit den höchst vielfältigen, in ihren interdependenzen zumeist ungemein komplexen ökosystemen und ökosystemaren zusammenhängen. ihr kommt die selbe daseinsberechtigung und eigenbedeutung zu, die den alten organismen zu eigen war. (…)
ich bin leben, das leben will, inmitten von leben, das leben will. wir brauchen einen biologischen existenzialismus. wer das leben nicht grundlegend verändern will braucht gar nicht erst anzufangen.
wir brauchen einen biologischen existenzialismus
biofakte — museum könig, bonn, 2008
idee, regie, text: reiner maria matysik
schauspielerin: marina mehlinger
kamera: rupert scheele
mit freundlicher unterstützung durch die staatskanzlei nordrhein-westfalen und das
bundesministerium für umwelt, naturschutz und reaktorsicherheit
dauer: 7 min